Vortrag im Rahmen der Ausstellung "I AM A.I. – Künstliche Intelligenz erklärt"
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Lehrstuhl Mittelalterliche Geschichte
Wie zuvor schon in den Naturwissenschaften, sorgt mittlerweile auch in den Geisteswissenschaften ein mit atemberaubender Geschwindigkeit voranschreitender Prozess der Digitalisierung für eine Zeitenwende. Dieser Prozess beschränkt sich nicht mehr nur auf die Speicherung und Präsentation wissenschaftlicher Daten, sondern ergreift zunehmend auch den Forschungsprozess selbst und verändert die Methoden, wie man neues Wissen schafft.
Exemplarisch für diese Veränderung schildern wir im Vortrag eine von unserer gemeinsamen Arbeitsgruppe MEPHISTO („Digitale Modelle, Erklärungen und Prozesse in den Historischen Wissenschaften“) durchgeführte Studie auf Grundlage des Verwaltungsschriftguts der spätmittelalterlichen Kirche, welches im sog. Repertorium Germanicum publiziert ist. Es bietet ein reichhaltiges und vielschichtiges Bild der spätmittelalterlichen Kirche in ihren religiösen und kanonisch-rechtlichen Grundlagen, ihren organisatorischen und fiskalischen Mechanismen, ihren personellen und räumlichen Netzwerken sowie ihren politischen Ambitionen und Alltagsrealitäten.
Im Vortrag zeichnen wir exemplarisch nach, wie wir aus dem Repertorium Germanicum mit Hilfe eines Bündels an KI-Techniken – darunter Programmen, die Programme schreiben, Methoden des Maschinellen Lernens und Verfahren zur schrittweisen Generierung und maschinellen Analyse netzwerkanalytischer Modelle – den Zahlungsverkehr zwischen Deutschland und der römischen Kurie im 15. Jahrhundert unter Papst Sixtus IV. unter die Lupe genommen und daraus algorithmisch ein klar strukturiertes Netzwerk bedeutender Finanzakteure jener Zeit gewonnen haben.